Jörg Nobis
Listenplatz 1
Jörg Nobis (*1975) aus Kaltenkirchen ist ein Parteikader der ersten Stunde und bereits seit 2013 Mitglied der AfD. Sich selbst ordnet Nobis gerne dem „moderaten“ Flügel der AfD zu, hat sich an den radikalen Umtrieben seiner Partei allerdings nie gestört. Warfen andere im Angesicht der zunehmenden Radikalisierung der AfD das Handtuch, wie beispielsweise 2015 die ehemalige Landesvorsitzende Ulrike Trebesius, wusste Nobis das entstehende Machtvakuum für seine Zwecke zu nutzen und ließ sich 2016 zum Parteisprecher wählen. Nobis war offenbar klar, dass er bei der Parteibasis im direkten Schlagabtausch mit radikalen KandidatInnen, wie der Holocaustleugnerin Doris von Sayn-Wittgenstein, schnell unterliegen würde. So ließ er sich bereits 2016 als Spitzenkandidat der AfD für die Landtagswahl aufstellen, bevor er sein Amt als Landesvorsitzender 2017 tatsächlich wieder verlor. Nach seinem Einzug in den Landtag hielt er den Vorsitz der AfD-Fraktion, bis diese sich 2020 nach internen Querelen selbst zerlegte.
Kurt Klaus Kleinschmidt
Listenplatz 2
Der Berufssoldat Kurt Klaus Kleinschmidt (*1967) aus Leck ist das bekannteste Gesicht der AfD Nordfriesland. Allerdings gehören, laut Eigenangabe, dem Kreisvorstand überhaupt nur zwei Personen an – Kleinschmidt selbst und Martina Grundig aus Schwabstedt. Seit Beginn der Corona-Pandemie tourt Kleinschmidt vorzugsweise mit schlecht organisierten Autokorsos oder Kleinstkundgebungen durch Schleswig-Holstein. Als Lautsprecherwagen dient sein privater PKW samt Anhänger und meist kann Kleinschmidt nicht einmal die lokalen AfD-Mitglieder der besuchten Orte für eine Teilnahme an seinen Aktionen gewinnen. Allerdings sticht er so immerhin durch sein Engagement in einem Landesverband hervor, der in vielen Regionen handlungsunfähig ist. So zogen die AfD-Mitglieder Kleinschmidt prominenteren Mitgliedern vor und wählten ihn auf Platz 2 der Landesliste. Wenn der AfD der Wiedereinzug in den Landtag gelingen sollte, werden die rechtsradikalen Netzwerke innerhalb der Bundeswehr mit ihm einen weiteren Vertreter in deutschen Parlamenten sitzen haben.
Volker Schnurrbusch
Listenplatz 3
Volker Schnurrbusch (*1958) hat, ähnlich wie Jörg Nobis, schon 2013 seine Chance gewittert, in einer jungen rechtspopulistischen Partei Karriere zu machen. Noch bessere Chancen als in seinem Wohnort Hamburg rechnete sich Schnurrbusch offenbar in Schleswig-Holstein aus und so engagierte er sich schon früh im Kreisverband Stormarn. Gegen parteiinterne GegnerInnen, die ihm vorwarfen nach wie vor in Hamburg Stadtteil Volksdorf wohnhaft zu sein und somit nicht für Ämter in der schleswig-holsteinischen AfD in Frage zu kommen, ging Schnurrbusch auch mit Gewalt vor. So beispielsweise im Sommer 2016, als er seinen Parteikollegen Nico Gallandt mit einem Stuhl attackierte. Letztlich konnte Schnurrbusch sich durchsetzen und schaffte 2015 mit seiner Wahl zum stellvertretenden Landessprecher den Sprung in die Landespolitik. Bei der Landtagswahl 2017 schaffte er es knapp in den Landtag und war bis 2020, als die Fraktion mangels Mitgliedern ihren Fraktionsstatus verlor, deren parlamentarischer Geschäftsführer. 2017 sorgte Schnurrbusch für bundesweite Aufmerksamkeit, als auf der Facebookseite der AfD Schleswig-Holstein, für die er verantwortlich ist, das Abzeichen der SA veröffentlich wurde. Die Kieler Staatsanwaltschaft ließ daraufhin Wohnung und Büroräume von Schnurrbusch durchsuchen. Seit mindestens 2018 gehört Schnurrbusch dem AfD-Kreisverband Ostholstein an. Zur Kommunalwahl 2018 ließ er sich als Direktkandidat für den Wahlkreis 19 (Bad Schwartau) aufstellen und kandidierte auf Listenplatz 21 der Kreisliste in Ostholstein.
Julian Flak
Listenplatz 4
Julian Flak (*1982) aus Kaltenkirchen gehört der „Hamburg Clique“ um Jörg Nobis und Volker Schnurrbusch an. In Hamburg war er seit 2013 zunächst im AfD-Bezirksverband Hamburg-Mitte und parallel in der „Jungen Alternative“ (JA) aktiv, deren stellvertretender Vorsitzender er von 2013 bis 2015 war. Zwar war Flak auch Mitglied des Hamburger Landesvorstands, dennoch wurde ihm offenbar spätestens 2016 klar, dass es für die ganz große Parteikarriere in Hamburg nicht reichen dürfte. Auch sein Engagement in den Bundesgremien der Partei wollte sich nicht so recht auszahlen. 2016 wechselte Flak nach Schleswig-Holstein in den Kreisverband Bad Segeberg. Nachdem er für die Landtagswahlen 2017 noch keinen Platz auf der Landesliste der Partei ergattern konnte, steht er 2022 auf Platz 4. Flak gibt sich gerne moderat, fällt aber insbesondere online immer wieder durch extrem rechte Töne auf. So hat er auf Facebook beispielsweise dem Attentäter Melvin Schwede, der im Rahmen einer AfD-Veranstaltung in Henstedt Ulzburg mit seinem PKW gezielt Jagd auf Gegendemonstrierende machte, seine Unterstützung ausgesprochen.
Dennis Wamhoff
Listenplatz 5
Dennis Wamhoff (*1981) ist seit 2016 Mitglied der AfD und sitzt seit den Kommunalwahlen 2018 für die Partei im Kreistag Plön. Der Vertriebsmitarbeiter im Außendienst war bis vor kurzem Vorsitzender des Kreisverbands Plön und ist mit der Leitung der Landesgeschäftsstelle betraut. Wamhoff nahm zuletzt mit weiteren AfD-Mitgliedern, darunter Gereon Bollmann (MdB) an verschwörungsideologischen Demonstrationen in seinem Wohnort Preetz teil.
Claus Schaffer
Listenplatz 6
Claus Schaffer (*1969) kann auf eine lange Karriere in rechten Kreisen zurückblicken. Bevor er 2013 Mitglied der AfD wurde, war er zeitweilig Dreh- und Angelpunkt der Anti-Islam-Partei „Die Freiheit“ in Schleswig-Holstein. Vor fünf Jahren zog er über den Listenplatz 2 in den Landtag von Schleswig-Holstein ein. Dort fungierte der Kriminalhauptkommisar als stellvertretender Landtagsfraktionsvorsitzender und war Teil des parlamentarischen Kontrollgremiums. Zudem ist Schaffer Beisitzer im Vorstand des Lübecker AfD-Kreisverbands. In Lübeck ist Schaffer regelmäßig als Teilnehmer verschwörungsideologischer Demonstrationen zu beobachten, bei denen er Seite an Seite mit organisierten Neonazis teilnimmt. Aber auch in Kiel suchte er während Sitzungen des Landtags Kontakt zu lokalen Verschwörungsideologen, die sich vor dem Landtag versammelt hatten und mit Schaffer freundschaftliche Gespräche führten. Zuletzt nahm Schaffer am 5. März 2022 beim Auftakt des AfD-Wahlkampfs mit Beatrix von Storch in Neumünster als Redner teil.
Claus Schaffer nimmt auch in offiziellen Stellungnahmen Bezug auf Verschwörungsideologien und vergleicht Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie mit diktatorischen Regimen (Belarus und Iran), um die potentielle Wählerschaft des verschwörungsideologischen Milieus anzusprechen.
Inhaltlich setzt Schaffer auf klassische extrem rechte Argumente, vermeintlich bürgerlich verpackt. Auf Twitter erklärte er 2020 kurz und knapp „52 und Anti-Antifa“ zu sein. Der Begriff der Anti-Antifa ist klar im neonazistischen Sprachgebrauch zu verorten. Schaffer, selbst Polizist, will die Polizei stärken und vor einem „linken Zeitgeist und den ungerechtfertigten Vorwürfen eines angeblich strukturellen Rechtsextremismus und Rassismus“ schützen. Dabei verharmlost er nicht nur extrem rechte Positionen innerhalb der Sicherheitsbehörden, sondern relativiert diese gleich in der gesamten Gesellschaft: „vermeintlich größte Bedrohung Rechtsextremismus“. Zudem spricht er sich für die Abschiebung „straffälliger Asylbewerber“ aus. Was früher in NPD- und Kamerradschaftskreisen „Kriminelle Ausländer raus“ hieß, formuliert Schaffer nur leicht um, meint aber dasselbe.
Nachdem im Oktober 2020 am Rande einer AfD-Veranstaltung in Henstedt-Ulzburg mehrere Antifaschist*innen mit einem Auto angegriffen wurden, betrieb Schaffer klassische Täter-Opfer-Umkehr und verharmloste die versuchte Tötung als einen „gewalttätigen Zwischenfall mit Verletzten, der bis heute nicht abschließend aufgeklärt ist.“
Andrea Gaidetzka
Listenplatz 7
Andrea Gaidetzka (*1967) ist seit 2013 Mitglied der AfD und hatte die Partei im Herzogtum-Lauenburg aufgebaut bevor sie im Kreisverband Lübeck aktiv wurde, wo sie Schatzmeisterin des Kreisverbands und Fraktionsgeschäftsführerin der Bürgerschaftsfraktion ist. Ihr Schwerpunkt liegt selbsterklärt in der Familien- und Bildungspolitik. Dabei fällt sie mit antifeministischen und reaktionären Äußerungen auf: Sie spricht sich gegen die „erzwungene Gleichstellung“ von Frauen mittels Frauenquote aus, das „Gendermainstreaming“ sei eine „Vergewaltigung unserer Kinderseelen“. Zudem warnt sie vor der „Frühsexualisierung“ der Kinder in der Schule.
Aus rassistischen Motiven spielte sie schon im Landtagswahlkampf 2017, als sie ebenfalls für die AfD kandidierte, Geflüchtete und finanziell schwache Familien oder Renter*innen gegeneinander aus und fordert mehr Abschiebungen.
Eike Reimers
Listenplatz 8
Eike Julius Reimers (*1994) aus Kiel ist einziger Vertreter aus der Landeshauptstadt auf der Landesliste der AfD und das bezeichnenderweise auf dem aussichtslosen Platz 8. Das macht deutlich, in welchem Zustand der Kreisverband Kiel unter dem Vorsitz von Reimers ist. Lange gehörte der gebürtig aus Lepahn stammende Reimers dem Kreisverband Plön an, wechselte dann nach Kiel und ist dort Ratsherr sowie einer der wenigen verbliebenen aktiven AfD-Mitglieder. Als Guido Dachs sich als Vorsitzender gänzlich zurückzog und sich der zweite Aktivposten Julia Brüggen merklich rar machte, schlug die Stunde der Jungen Alternativen (JA). Junge Radikale wie Reimers, Leif Kulina, Robert Schmidt oder Kevin Dorow geben inzwischen den Ton an. Reimers übernimmt für die AfD-Fraktion im Kieler Rathaus diverse Funktionen in der Kommunalpolitik. Doch wie so oft bei der selbsternannten „Kümmerer“-Partei besteht eine erhebliche Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Während im Stadtrat mit mäßigem Erfolg versucht wird, mit radikalen Positionierungen in Presse und sozialen Netzwerken ein möglichst großes Echo zu erzeugen, werden die weniger prominenten Sitzungstermine von Reimers und Co meist geschwänzt.
Sven Wendorf
Listenplatz 9
Sven Wendorf (*1972) aus Norderstedt ist die neue Führungsfigur des Norderstedter Stadtverbands der AfD, nachdem sich die bisherige Führungsfigur Christian Waldheim nach dem Parteiaustritt seines politischen Vorbilds Jörg Meuthen von allen Ämtern zurückgezogen hat. Wendorf ist Fraktionsvorsitzender im Stadtrat von Norderstedt, stellvertretender Sprecher der AfD Segeberg, Kreistagsmitglied im Kreis Segeberg und Direkt- sowie Listenkandidat bei der Landtagswahl für die AfD. Realistische Chancen auf einen Platz im Landtag hat er jedoch nicht. Einer breiten Öffentlichkeit ist Wendorf bisher unbekannt. Er bemüht sich, das zu ändern, indem er sich vor allem durch ausgeprägten Sexismus bei seiner Klientel zu profilieren versucht. Egal ob wettern gegen das Gendern oder Altherrenwitze im Interview mit dem Hamburger Abendblatt: Der Verwaltungsfachangestellte Sven aus Norderstedt fühlt sich offenbar von allem bedroht, was seinem kleinkarierten Bild von Geschlechterrollen widerspricht.
Joachim Schneider
Listenplatz 10
Joachim Schneider (*1972) aus Elmshorn ist stellvertretender Landesvorsitzender der AfD Schleswig-Holstein und Direktkandidat im Wahlkreis 21 für die Landtagswahl sowie Listenkandidat auf Platz 10. Außerdem ist er Mitglied im Kreisvorstand Pinneberg und Pressesprecher der Landesgeschäftsstelle. Er kann also als umtriebiger Funktionär bezeichnet werden. Für die erste Reihe in der Partei und die damit verbundenen lukrativen Posten, hat es aber bisher nicht gereicht und wird es möglicherweise auch zukünftig nicht. Vielmehr ist er eine Art Verwalter des chronisch zerstrittenen Landesverbands. Seit Doris von Sayn-Wittgenstein 2019 ihren Landesvorsitz abgeben musste, hat der Landesverband keinen neuen Vorsitz bestimmen können. Die größten Konfliktlinien verlaufen zwischen dem Landesvorstand und der Landtagsfraktion. Letztere ist allerdings zusätzlich intern zerstritten, hat nach dem Austritt Frank Brodehls ihren Fraktionsstatus verloren und fungiert nur noch als „AfD-Gruppe“ im Kieler Landeshaus. So lange im Landesverband mit allen Mitteln um die Macht gekämpft wird, verwaltet der uncharismatische und in der Öffentlichkeit weitgehend unbekannte Schneider das Elend als formal höchster Funktionär des Landesverbands.